Forschung die bewegt – Aktuelles aus der Wissenschaft
Neue Erkenntnisse, die unser Verständnis von Gesundheit erweitern
Forschung schläft nicht – und auch 2021 war ein Jahr voller spannender wissenschaftlicher Impulse. Einige dieser Erkenntnisse sind heute aktueller denn je. Sie geben Hinweise darauf, wie eng vernetzt unser Körper funktioniert, wie Mikronährstoffe, Darmgesundheit oder sanfte Therapien systemisch wirken – und warum ganzheitliche Ansätze in der Gesundheitsberatung so wichtig sind. Ein kleiner Blick zurück mit großer Relevanz für heute:
Bedeutung des Bauch-Hirns
Aktuelle Forschungsergebnisse unterstreichen die Bedeutung unseres Darms für die Entstehung, Diagnose und Behandlung zahlreicher Krankheitsbilder. Schwerpunkt der Arbeiten bildet das ENS, das enterische Nervensystem (umgangssprachlich „Bauchhirn“), das dem zentralen Nervensystem funktionell ähnelt. Das ENS reguliert die Barrierefunktion des Darms und damit das Eindringen von Erregern oder Toxinen. Veränderungen im eigenen Mikrobiom können sich negativ auf das ENS auswirken und entzündliche Darmerkrankungen, Reizdarm bis hin zu neurodegenerativen Erkrankungen begünstigen. Magen-Darm-Symptome, die sich auf das enterische Nervensystem zurückführen lassen, sollten daher bei der Früherkennung (z. B. für Parkinson, Krebs oder Diabetes) diagnostisch berücksichtigt werden.
Quelle: Niesler, B., Kuerten, S., Demir, I.E. et al. Disorders of the enteric nervous system – a holistic view. Nat Rev Gastroenterol Hepatol 18, 393–410 (2021).
Der Darm als Immunzentrale
Eindrucksvoll! Aktuelle Studien zeigen die positive Wirkung einer mikrobiologischen Therapie bei der Behandlung wiederkehrender Infekte der Bronchien und Nasennebenhöhlen (Bronchitis, Sinusitis). Während klassische Behandlungsmaßnahmen wie Antibiotika im Akutfall einsetzbar sind, fehlt bei der eigentlichen Regeneration oft die ganzheitliche Unterstützung von außen. Das kann Folgen haben. Der Infekt heilt nicht richtig aus und kehrt nach kurzer Zeit zurück. Durch die gezielte Immunstärkung mit einem „guten“ Bakterienteam (in der Phase direkt nach dem Infekt) kann die Rückfallquote deutlich verringert werden. Eine solche Regulationskur ist sanft und wird vom Organismus sehr gut vertragen – und ist daher auch für Kinder optimal geeignet.
Neue Referenzwerte für Biotin und Vitamin A
Gemeinsam mit Partnern aus Österreich und der Schweiz veröffentlicht die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) die sogenannten D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr, die als Basis für eine gesunde und vollwertige Ernährung dienen. Diese werden regelmäßigen Prüfungen unterzogen und gegebenenfalls angepasst. Für Biotin und Vitamin A wurden Ende 2020 neue Werte festgelegt. Biotin erhält mit 40 μg pro Tag nun eine konkrete Empfehlung (vorher als Spanne angegeben). Das Coenzym spielt unter anderem eine Rolle bei der Genregulation, ist an der Reparatur von DNA-Schäden und der Zellteilung beteiligt. Übermäßiger Alkoholkonsum, Rauchen und die Einnahme bestimmter Medikamente können zu Mangelzuständen führen. Haarausfall oder Hautveränderungen sind mögliche Folgen. Leber, Nüsse und Sonnenblumenkerne gelten als wertvolle Quellen. Vitamin A ist maßgeblich für unsere Sehkraft, Immun- und Nervensystem sowie das Zellwachstum. Mit einem Tagesbedarf von 700 μg RAE (Retinol-Aktivitäts-Äquivalent) für Frauen und 850 μg RAE für Männer wurden die Empfehlungen von den Wissenschaftlern nach unten korrigiert. Nachdem bislang der durchschnittliche Tagesbedarf den Ausschlag gab, gilt von nun an der Vitamin-A-Leberspeicher als wichtigstes Kriterium. Lebensmittel wie Leber, Eier und Milchprodukte, aber auch Aprikosen, Karotten oder Grünkohl sind gute Quellen.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE)
Umwelt und Bio: beeindruckende Zahlen
Über 300 Zusatzstoffe sind bei der Herstellung konventioneller Lebensmittel erlaubt. Bei Bio-Lebensmitteln sind es nach EU-Vorgaben nur 53 und damit satte 82 % weniger. Mehr als 80.000 Produkte wurden 2019 mit einem Bio-Siegel gekrönt, im Jahr 2004 waren es noch 24.000. Schweden, Schweiz und Dänemark sind im Europa-Vergleich die Spitzenreiter beim Bio-Einkauf. Ungefähr 1,5 Millionen Tonnen CO₂ können durch den Ökolandbau im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft in Deutschland pro Jahr eingespart werden. Das entspricht in etwa den Emissionen von Malta. Rund jedes 9. deutsche Ei wird inzwischen von einem Bio-Huhn gelegt. Diese haben im Vergleich zur konventionellen Tierhaltung (Auslauffläche anderthalb A4-Blätter pro Huhn) mehr Auslauf. Am strengsten und zugleich tierfreundlichsten sind die Vorgaben des Demeter-Verbandes.
Quelle: BÖLW / EU-Kommission
Sanfte Therapien zur Schmerzlinderung
Chronische Schmerzpatienten sind jahrelang auf die Einnahme stärkster Schmerzmedikamente (u.a. Opioide) angewiesen, die zu allem Übel obendrein unangenehme Nebenwirkungen mit sich bringen. Forscher der Universität in San Francisco haben die Wirksamkeit verschiedener alternativer Behandlungsoptionen untersucht und ihre Ergebnisse im Journal of General Internal Medicine veröffentlicht. Das Ergebnis: Insbesondere die Kombination aus verschiedenen Methoden – Akupunktur, Massagen, leichtes körperliches Training, Achtsamkeitsübungen – half, die Schmerzen deutlich zu verringern und damit gleichzeitig den Alltag besser zu meistern. Zusätzlich konnte der Gebrauch von Schmerzmitteln merklich reduziert werden.
Quelle: Journal of General Internal Medicine, 2021